Art
Städtebaulicher und landschaftsplanerischer Ideen- und Realisierungswettbewerb

Auslober
Staatliches Hochbauamt
München I, Abteilung I

Baujahr
2003 – 1.Preis

Situation
Das Planungsgebiet wird nachhaltig beeinflusst durch eine sehr heterogen geprägte städtebauliche Umgebung. Der dominierenden mächtigen Bebauung des Altenwohnstifts Augustinum im Westen und dem Stadtteil Neuhadern im Süden mit seiner Skyline aus bis zu 13-geschoßigen Wohnhochhäusern um das Einkaufzentrum,  steht im Osten die kleinteilige Einfamilienhausbebauung an der Schröfelhofstraße gegenüber.

Städtebauliches Konzept
Die Entwurfsverfasser haben sich entschlossen diesen prägenden städtebaulichen Vorgaben (ungeachtet eines Mangels an architektonischer Qualität) Referenz zu erweisen. Ein großzügig angelegter Stadteilpark „Am Stiftsbogen“ bildet die westräumige Zäsur zwischen dem Bestand und den Neubau-Quartieren. Die Freisichtigkeit der baulichen Großstrukturen bleibt auch über lange Sichtdistanzen erhalten und wird durch die neu entstehenden Grünachsen die weiträumige Orientierung und Stadtteilprägnanz fördern.
Die neuen Wohnquartiere entwickeln sich südwestlich der Schröfelhofstraße. Dabei wird die im Stadtgrundriss prägende Radialstruktur der westlich angrenzenden Wohnquartiere aufgegriffen und weitergeführt. Die Wohnbereiche aufgeteilt in Streifen überschaubarer Tiefe sind in sich rechtwinkelig angelegt. Die Erschließungsbereiche und die Taschenparkflächen die sich in der Folge abwechseln, öffnen sich dagegen radial zum Stadtteilpark. Die Gliederung der Baufelder ist übersichtlich und auf einen Blick ablesbar. Die Erschließung der Wohnquartiere erfolgt von der Schröfelhofstraße mit minimalem Flächenverbrauch durch zwei Stichstraßen mit max. 130 m Länge.

Gliederung in Bauquartiere

1. Studentisches Wohnen
Etwa 60-70 m südlich der BAB Lindau wird ein Schallschutz-Riegel in Form einer gegliederten aber schall-schutztechnisch durchgehenden Randbebauung mit ca. 20 m Höhe vorgesehen. Im Zusammenwirken mit dem nördlich vorgelagerten niedrigeren Schallschutzwall ergibt sich ein maximaler Immissionsschutz gegenüber der deutlich niedrigeren südlich angrenzenden Bauquartiere. Der 160 m geradlinig verlaufende Baukörper findet im Westen einen Endpunkt durch einen rechtwinkelig zum Augustinum abgedrehten Kopfbau, der bewusst einen Dialog mit der westlichen Baustruktur sucht und gleichzeitig das nördliche Ende des Stadtteilparks markiert.
Das studentische Wohnen gliedert sich durch die gewählte Kammform und die differenzierte Flächenentwicklung in verschiedene Bereiche. Die Erschließung erfolgt durch zwei parallele Wegeachsen, an denen die Vertikalerschließung angeordnet ist – im Norden der Laubengang mit längslaufenden Treppen mit direktem Zugang vom Walter-Hopf-Weg und im Süden ein gläserner Verbindungsgang, dem im Osten ein großer Eingangsbereich vorgelagert ist. Beide Wege erschließen einen Bereich mit erdgeschossigen Gemeinschaftszonen. Während im Schallschutzriegel alle Wohnbereiche ruhig nach Süden mit vorgelagerten Balkonen und Terrassen angeordnet sind, sind die Querbauten ost-west-orientiert auf die unterschiedlich genutzten und gestalteten Innenhöfe bezogen. Die studentische Kinderkrippe liegt im EG des westlichen Kammes, die Freiflächen sind sowohl zum Park, als auch zum Innenhof orientiert. Das studentische Wohnen ermöglicht einen exzellenten Immissionsschutz in Kombination mit hochwertigsten Wohnansprüchen. Die Wegevernetzung  per Fahrrad oder zu Fuß ist übersichtlich sowie kurz und direkt zu den übergeordneten Routen. Die Tiefgaragenzufahrt erfolgt nördlich der Bebauung ohne Rampe unmittelbar durch den Wall von der abgesenkten Schröfelhofstraße.

2. Freifinanziertes Wohnen
Das freifinanzierte Wohnen stellt sich stadträumlich als autarke Einheit dar, die dreiseitig von öffentlichem Grün umschlossen wird. Die Erschließung erfolgt zentral über eine kurze Stichstraße an der die Tiefgaragenzufahrt sowie die oberirdischen Besucherstellplätze unter Pergola und Bäumen angeordnet sind.
Von hier öffnet sich der Raum keilförmig über den zentralen Spielplatz (für 6-12 Jährige) zum Park. An der Schröfelhofstraße sind 3-geschoßige Punkthäuser vorgesehen, um den bisher freien Blick der nördlichen Wohnbebauung Rechnung zu tragen. Im Inneren verdichtet sich die Bebauung zu U-förmigen Doppelhöfen mit E + III + T (zurückgesetztes Terrassengeschoss). Durch die erdgeschoßige Abschirmung gegenüber der Erschließungszone (Nebengebäude, Fahrräder, Entsorgung, Pergola) entstehen so intime Hofbereiche angenehmer Dimension, die jeweils zu einer Seite einen freien Parkblick aufweisen. In diesen Höfen sind jeweils Kleinkinderspielplätze vorgesehen. Die ausschließliche S-W-Orientierung befriedigt höchste Wohnansprüche. Gegenüber dem Park öffnet sich die bauliche Struktur durch 4 quadratische Punkthäuser (E + 3). Die geringen Abmessungen der Baukörper (max. 45 m) erlauben eine kleinteilige Vermarktung. Die einzelnen Bauvolumen enthalten ca. 9 – max. 28 WE sodaß an einem Treppenhaus maximal 14-16 Wohneinheiten zu liegen kommen. Alle Wohnungen stellen durch die hervorragende Ausrichtung und Lage sämtliche Möglichkeiten der solaren und ökologischen Aufwertung zur Wahl. Die TG- Stellplätze sind den Wohneinheiten direkt zugeordnet und in ausreichender Zahl angeboten, dies gilt ebenso für die geforderten Besucherstellplätze. Die Fahrradstellplätze sind unter der Pergola angeordnet, die die  Grünflächen zum Straßenraum abgrenzen.

3. Öffentlich geförderter Wohnungsbau
Die grundsätzlichen Ausführungen der Quartiere für frei-finanzierten Wohnens gelten auch für den selbständigen Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaus, das vergleichbar organisiert und geordnet wurde. Auch dieses Quartier kann unabhängig errichtet werden und liegt eingebettet zwischen zwei seitlichen Grünräumen. Ein untergeordneter Teil des Wohnangebots ist in einem parallel zur Erschließung angeordneten Baukörper untergebracht der eine S-O/N-W Orientierung aufweist. Diesem Bereich vorgelagert sind 3 Punkthäuser, die im Übergang zur weiter südlich angeordneten Polizeiverwaltung einen weichen und optisch durchlässigen Übergang darstellen.

4. Verwaltungsbauten Polizei
Die Polizeidienststellen an der Ecke Kurparkstraße– Schröfelhofstraße angeordnet umschließen mit einem 3-geschoßigen Winkel nach Südwesten und einem 2-geschoßigen Winkel nach Nordwesten den abgeschirmten und ruhigen Polizeihof. Die Hauptzufahrt ist von der Kurparkstraße gegenüber der bestehenden Hochgarage vorgesehen. Die Garagen und Kleintransporter sind im EG des Gebäudes an der Kurparkstraße vorgesehen, das hier auf Stützen steht, gleichwohl durch leichte bauliche Strukturen vor Einblicken und aus Sicherheitsgründen geschützt ist. Die Parkplätze für Bedienstete erfolgt vom Stiftsbogen, für die Besucherstellplätze von der Kurparkstraße. Das Polizeiverwaltungsgebäude bildet durch seine Randlage und den langgestreckten homogenen Baukörper das Pendant zum Baukörper der Studenten. Beide fassen die binnenliegenden, kleinteiligen Bauquartiere mit einer bestimmenden Geste.

5. Gemeinbedarfseinrichtungen
Die Kindertagesstätten sind als schmales niedriges Band sowohl dem Stiftsbogen (Fahrverkehrserschließung) als auch dem Stadtteilpark (Fuß- und Raderschließung) zugeordnet. Sie werden an die O-W-Parkachse angegliedert und haben durch die niedrige Bauweise, Dachbegrünung und integrative Gartengestaltung sowohl Annex als auch Anteil am Stadtteilpark. Die Frischluftschneise in O-W-Richtung wird offengehalten. Vorteil der Lage ist die gute Erreichbarkeit von Außen und Innen sowie die gute Verbindung zum Park und zur Schule. Die kleine im Wohngebäude integrierte Kindertagesstätte ist parknah im südlichen Teil der öffentlich geförderten Wohnungsbauten vorgesehen.
Das Alten- und Servicezentrum liegt am Schnittpunkt der Hauptwegeverbindung in O-W- bzw. N-S-Richtung in gefahrlos und optimal erreichbarer Nähe zum Augustinum, die Fahrverkehrserschießung und der Stellplatznachweis ist unmittelbar östlich der Brücke über dem Stiftsbogen vorgesehen. Das Gebäude ist sowohl in der unteren Ebene (Stiftsbogen) als auch in der oberen Ebene (Walter-Hopf-Weg) erreichbar. Die inneren und äußere Struktur des Hauses wird transparent mit Galerie und Verbindungsrampen vorgestellt.

Grünkonzept
Das vorgeschlagene Grünkonzept greift die übergeordnete Grünbeziehung des FNP in O-W-Richtung auf und bildet einen wichtigen Baustein in dem Verlauf des stadtökologisch bedeutsamen Grünzuges vom Lochhamer Schlag über den Westpark bis zur Theresienwiese. Durch die Kreuzung mit dem N-S-gerichteten Stadtteilpark am Stiftsbogen entsteht ein großzügiger funktionell und ökologisch wertvoller Parkbereich der durch die angelagerten übergeordneten Fuß- und Radwegebeziehungen in N-S- bzw. O-W-Richtung weitreichende Bedeutung erhält. Die unterschiedliche Wegeführung in Hochlage (Walter-Hopf-Weg) und Tieflage im Park, die weithin erlebbar signifikante bauliche Fassung dieses Parks durch den Bestand und die Neuplanung machen diesen Park zu einem wichtigen Ort mit hohem Erinnerungswert.

Im Einzelnen sind folgende Maßnahme vorgesehen:
Die heute bereits vorhandene  auf dem aufgeschütteten Wall angelegte öffentliche Grünstruktur wird durch geeignete Maßnahmen erweitert, gestützt und in den Park integriert. Der Stadtteilpark greift mit 3 Armen in O-W-Richtung bis zur Schröfelhofstraße und bildet dadurch freie Sichtachsen über 300 bis max. 600 m Entfernung. In diesen Parkarmen ist jeweils  eine geradlinige Wegachse (schnelle Radwegverbindung) in Beziehung gesetzt zu einem geschwungenen schmaleren Fußweg (Flanierweg), der von abwechslungsreichen Gehölzstrukturen beleitet wird. Die O-W-Hauptwegachse an der südlichen Grenze wird über eine Rampe auf das Niveau des Walter-Hopf-Weges angehoben, von dort erreicht man über eine neue Fuß- und Radwegbrücke den vorhandenen Parkstreifen nördlich des Stiftbogens. Das Herz der zentralen Parkfläche wird von größerem Baumbestand freigehalten. Hier ist eine leichte Terrassierung in N-S-Richtung vorgesehen. Im wechselnden Abstand von 20, 30, 40 m sind leicht gekippte Wiesenflächen geplant, die jeweils an ihrem südlichen Ende durch eine O-W-verlaufende Trockenmauer (Bruchstein) abgeschlossen sind.
Die verschiedenen Magerrasenfelder können durch Wildblumeneinsaaten mit Sorten und Farben abhängig von Jahreszeiten vielfältig akzentuiert werden.
Spielraumkonzept: Den Wohnungsquartieren ist ein differenziertes Spielraumkonzept zugeordnet. Sie sind wohnungsnah und dennoch den Taschenparks zugeordnet; eine Vielzahl von Kleinkinderspielplätzen ist vorgesehen, diese werden ergänzt durch eine zentral differenziert gestaltete Spielfläche für 6-12-jährige, die jeweils am Ende der Verkehrserschließungsachse angeordnet ist und in den Stadtpark übergeht. Eine Spielfläche für 13-17-jährige wird darüber hinaus zentral im Bereich der Infrastruktur-Einrichtungen angeboten.

Ökologie
Durch die vorherrschende Ausrichtung der Baustrukturen nach Südwesten und nach Süden (und im geringen Umfang nach Südosten) sind die passive Solarenergienutzung, optimale Besonnung und der Einsatz von aktiver Solarnutzung vorprogrammiert. Darüber hinaus bieten die vorgeschlagenen kleinräumigen Hofstrukturen Gewähr für wertvoll ruhiges Binnenklima. Die Niederschlagswasser werden wie im Plan dargestellt in Mulden, Rinnen und Rigolen gesammelt.

Entwurf und Planung Wettbewerb
Goergens Miklautz Partner GmbB, München
Kurt Mattei, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt u. Stadtplaner

als Mitarbeiter f. Freianlagen
Monika Dietrich, Landschaftsarchitektin

Bebauungsplan und Grünordnungsplan für die Landeshauptstadt München Nr. 1817
Goergens Miklautz Partner GmbB, München
Kurt Mattei, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt u. Stadtplaner

als Mitarbeiter f. Freianlagen
Anne Baumgartner, Dipl.-Ing. (Univ.) Landschaftsarchitektin